Künstliche Intelligenz (KI) ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ob Onlineshop oder Smartphone, die Integration von Künstlicher Intelligenz bietet immer neuere Möglichkeiten der Nutzung und manche sind ganz schön kurios. Vier Anwendungsfelder für künstliche Intelligenz, von denen Sie sicherlich noch nicht gehört haben.

Die Rettung bedrohter Sprachen

Über die  Hälfte aller 6.500 weltweit existierenden Sprachen sind vom akuten Aussterben bedroht. Mit den Sprachen sterben oft auch die Gesellschaftsgeschichte, die Erinnerungen, Traditionen und Denkweisen verschiedener Kulturen aus. Als Reaktion darauf erklärten die Vereinten Nationen 2019 zum Jahr der gefährdeten Sprachen. Rettung naht jedoch aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz. KI-Systeme bieten die Möglichkeit gefährdete Sprache zu schützen. Dies geschieht auf der einen Seite durch Sprachdokumentation, und andererseits, durch aktiven Spracherwerb. Das Problem aussterbender Sprachen ist, dass oftmals nicht mehr genug Sprecher vorhanden sind, um die Sprache durch aktiven Austausch zu erhalten. Abhilfe bieten mittlerweile Chatbots, die Menschen ermöglichen, sich in bedrohten Sprachen zu unterhalten. Sie sind sogar dazu in der Lage Tippfehler sowie Sprachfehler zu erkennen und zu verbessern. Das ist aber noch nicht alles. Forscher des Centre of Excellence for the Dynamic of English (CoEDL) in Australien entwickelten einen Roboter, der Schulkinder in abgelegenen Orten Sprachunterricht gibt. Dieser ist kann nicht nur aktiv, also etwa beim Spielen oder Geschichtenerzählen interagieren, sondern dokumentiert gleichzeitig den Lernfortschritt der Kinder. Das Team des CoEDL arbeitet außerdem seit kurzem mit Google zusammen, um neuronale Netze gezielt mit Daten der gefährdeten Sprachen zu trainieren.

Wer mehr über bedrohte Sprachen in Europa lesen möchte, wird hier fündig.

Sprachgeneration aus Hirnstromdaten

Die Nutzung von KI ermöglicht auch der Medizin wichtige Fortschritte.

Klingt nach Science Fiction, ist es aber nicht. Ein Forschungsteam der Columbia Universität in New York gelang es mit Hilfe von transplantierten Elektroden und Künstlicher Intelligenz, Sprache aus dem Hörzentrum des Gehirns auszulesen und mit einem Sprachsynthesizer zu synchronisieren. Der Prozess ist kompliziert, aber vielversprechend. Elektroden erfassen Signale aus dem auditiven Cortex und senden diese an KI-Systeme. In einem Experiment wurden hierzu Probanden Zahlen und Geschichten vorgelesen, während gleichzeitig Signale gemessen wurden. Die Sprachaufzeichnungen sowie die korrelierenden Daten über die Gehirnaktivität, wurden später für das Training der neuronalen Netze genutzt, bis diese schließlich fähig waren, Sprache zu erkennen. In New York konnte der Computer so Zahlen aus den Signalen extrahieren. In San Francisco gelang es Forschern sogar, ganze Sätze zu rekonstruieren, die die Probanden schweigend formten. Ein großes Problem stellt jedoch die Transplantation dieser Elektroden dar. Momentan ist sie nur möglich bei Epilepsiepatienten, bzw., Tumoroperationen, damit Sprach- und Bewegungsregionen lokalisiert werden können, um Schädigungen zu vermeiden. Zukunftsperspektiven dieser Technologie sind vielversprechend. Sie könnte Patienten, die durch eine Erkarnkung oder einen Unfall die Sprachfähigkeit verloren haben, helfen, sich zu artikulieren. Bis dahin ist noch viel Forschung nötig. Momentan liegt die Erfolgsquote beim Verständnis, der durch den Computer geformten Sprache, bei rund 40-80 %.

Tote Sprachen zum Leben erwecken

Tontafeln der frühesten Zivilisationen bieten viele Details über das Leben vor uns. Das Problem ist, diese zu entschlüsseln. Viele Keilschriften lassen sich nur noch unter speziellem Licht erkennen. Besonders viele Funde gibt es aus Mesopotamien, im heutigen Irak. In diesem Gebiet wurden mehr Quellen als in Griechenland, Rom und antiken Ägypten zusammen gefunden. Doch rund 90 % aller Funde sind noch nicht erschlossen. Dabei liefern sie Erkenntnisse über das Leben von Kulturen vor über 5.000 Jahren. Sie enthalten wichtige Informationen über Machtstrukturen, Handelsweisen, aber auch die Sozialgeschichte eines Ortes, an dem bedeutende Erfindungen wie das Rad, die Lehre über Flut und Ebbe oder die 60 Minuten Stunde, erfunden wurden. Ein Problem stellt oftmals die Sprache dar. In Mesopotamien ist das die sumerische Sprache, die bis heute nicht vollständig von Linguisten entschlüsselt wurde. Sie gehört keiner heute noch lebendigen Sprachfamilie an. Aber auch hier findet künstliche Intelligenz Anwendung. In einem Projekt werden 69.000 Texte der mesopotamischen Administration analysiert, um anschließend auf der Basis dieser, Algorithmen zu trainieren. Die Texte auf den Tontafeln reichen von Streitigkeiten unter Adelsfamilien, hin zu Ziegenzählung oder Tricks, um Säuglinge zu beruhigen und bilden vor allem Alltagsgeschichte ab. Im Einzelnen sind diese Texte so oft nicht interessant, bieten in der Masse aber einzigartige Einblicke. Der Plan ist, zukünftig Onlinedatenbanken zu erstellen, die der Forschung, aber auch möglichst vielen Menschen geöffnet werden sollen.

Spracherwerb durch Immersion

Wie in unserem Blogartikel Wie schnell kann ich eine neue Sprache lernen? festgestellt, lässt sich eine Sprache am Besten durch Immersion lernen. Immersion bedeutet, die direkte Auseinandersetzung mit Sprache, zum Beispiel in Form eines Auslandsaufenthaltes, die alle Bereiche des Spracherwerbs gleichzeitig fördert. Da nur die wenigsten Menschen die Möglichkeit haben, das eigene Land für den Spracherwerb längerfristig zu verlassen, bietet Künstliche Intelligenz glücklicherweise auch hier Abhilfe. Das Rensselaer Polytechnic Institute in New York, bietet Studierenden den Spracherwerb von Mandarin Chinesisch durch Immersion an, ohne dafür reisen zu müssen. Ein 360 Grad animierter virtueller Raum befördert die Kursteilnehmer dafür nach Peking. Die Kulisse ist wechselnd, je nachdem was gerade gelernt wird. So finden sich Studierende abwechselnd in Restaurants, Shops, aber auch auf der Straße wieder, die sie in Alltagssituationen befördern. Die Umgebung ist mit verschiedenen KI-Systemen ausgestattet, die die Interaktion mit den Studierenden ermöglichen und so Sprachverständnis fördern. Neben der Projektion der Szenerie, ist das Umfeld mit Sensoren ausgestattet. Die Kursteilnehmer tragen außerdem Mikrofone, die Audiodateien aufnehmen und diese direkt in die neuronalen Netze befördern. Kameras nehmen Bewegungen sowie Mimik und Gestik wahr, um die Umgebung an die Aktionen der Studierenden anzupassen. Die Teilnehmer können so beispielsweise auf Gerichte in einem virtuellen Restaurant deuten, um Informationen über Name und Herkunft zu bekommen. Die Angaben hierfür stammen aus Wikipedia. Der Algorithmus vergleicht außerdem den Akzent der Studierenden mit Muttersprachlern, um diese individuell zu fördern. Der Mandarin Chinesisch Kurs findet mittlerweile zur Hälfte in Form von traditionellem Unterricht, und zur anderen Hälfte im virtuellen Raum statt. Erste Resonanzen der Studierenden sind durchweg positiv. In Zukunft werden Studien zeigen, wie stark von dieser Form des Spracherwerbs profitiert wird. Verwendung könnte die Technik nicht nur in Schulen und Universitäten finden, sondern auch in der Arbeitswelt. Wissenschaftler finden so hoffentlich die lang ersehnte Antwort, wie kognitive und immersive Umgebungen, Sprachenlernen und -verständnis beeinflussen.

Die Möglichkeiten der Nutzung, die uns Künstliche Intelligenz schon heute bietet sind verblüffend, und wer weiß, vielleicht nehmen uns KI-Systeme in Zukunft noch mehr Probleme ab.